Gottfried Helnwein

Durch die Biografie von Marilyn Manson "A long hard road out of hell", bin ich auf Gottfried Helnwein aufmerksam geworden.
Ich kannte bereits das Bild "Selbstporträt" welches auch auf einem der Skorpions Alben zu sehen ist. Dieses Bild mag ich bis heute am meisten.
Das laute Schreien (verdeutlicht durch die Glasscherben) hat etwas von "Dinge satt, Dinge Leid sein, Dinge nicht mehr aushalten können".
Das nicht mehr die Augen verschließen wollen. Die erste Rührung aus der Komfortzone heraus bevor die Augen geöffnet werden, in diesem Bild festgehalten.
Die Augen verschlossen durch eine Gabel, ein Alltagsgegenstand. Der Alltag vor dem man die Augen schließt bis er unerträglich wird. Man sich nun endlich losreißt, Dinge ändern und Träumen nachgehen will.
Kaum ein anderer Künstler kann so exakt Gefühle zu Ausdruck bringen. Durch die hyperrealistischen Zeichnungen, die wie ein Foto, wie Realität wirken. Extrem Situationen, die reell sind.
Das schockende, die ersten Gefühle die ungefiltert bei der Betrachtung der einzelnen Bilder auftauchen und doch die Distanz dazu, da es ja Kunst ist.
Das Extreme, das Verzweifelte, das was dir direkt wie eine Faust in dein Gesicht schlägt.
Kunst dient nach Helnwein dazu ein Gefühl beim Betrachter auszulösen. Kunst bedeutet 50% ist das Bild und 50% die Reaktion des Betrachtenden.
Mit was kann man diese ungefilterte Reaktion besser auslösen als mit den Themen Schmerz, Verletzung und Gewalt.
Man wird aus dem Alltag herausgerissen und damit konfrontiert. Dabei ist das entscheidende, was das Bild auslöst.
Kunst ist seit je her eine Antwort auf die gegenwertige Gesellschaft. Kunst als Waffe, wie Helnwein sagt.
Über Helnwein selbst gilt es zu erwähnen, dass er in Wien nach dem 2. Weltkrieg aufwuchs. Zu dieser Zeit waren die Menschen mit der Verarbeitung des 2. Weltkriegs beschäftigt, mit dem Untergang der Monarchie. Er beschreibt die Zeit und die Menschen als schwarz, sinnlos, bedrohlich und beängstigend.
Das änderte sich als sein Vater ihm eines Tages ein Donald Duck Comic gab. Die bunte freudige Welt von Donald Duck wurde zu einem Rückzugsort von Helnwein. Es wurde zu seiner Offenbarung, zu einer Hoffnung wie das Leben sein kann.
Die Kunst vor dem zweiten Weltkrieg wurde weitestgehend verbrannt, verboten, vernichtet, oder verkauft.
Die neue Kunst die erschaffen wurde in dieser Zeit, wurde nach dem 2. Weltkrieg auch nicht mehr gern gesehen. Es war aber nicht neues da, es gab nur Leere, Verzweiflung, Wut und Trauer.
Auch in der Gesellschaft, die in Verzweiflung selbst nicht wussten wie mit der "neuen Welt" umzugehen.
Donald Duck war Teil er ersten Amerikanischen Kunst die nach dem Krieg nach Europa kam und diese Leere gefüllt hat. Donald Duck der Verlierer als Held, der nicht aufgibt, immer weitermacht und überleben will.
Helnwein verstand die Menschen nicht und kaum jemand wollte mit Ihm über die Vergangenheit, den Krieg und dessen Geschehnisse. Alles wurde verdrängt und sollte vergessen werden. Er begann sich selbst zu informieren und stellte sich die Frage weshalb es so viel Qual und Hass und Angst auf der Welt gibt. Warum dies so unmittelbar mit dem Leben auf der Welt und den Menschen verknüpft ist.
Um dies zu verarbeiten, sich dem zu nähern beschloss er zu malen, das war seine Form darüber zu kommunizieren. Verbal war ihm das nicht möglich.
Kunst ist immer das Gleiche, Farbe auf Leinwand was zählt ist das elektrische was zwischen Mensch und Kunstwerk geschieht, etwas Religiöses, geistiges, was über unser Begreifen hinaus geht.
Ohne die Kunst wäre vieles nicht vorstellbar. Alles hat mit Kunst zu tun und Kunst in sich, Kunst macht Dinge greifbar und fassbar, wie Religion. Religion wäre für den Menschen nicht da ohne Gesang, Text, Literatur, Zeichnungen.
Helnwein friert den Schmerz ein und zeigt das, richtet die Aufmerksamkeit auf das was man lieber nicht sehen möchte. Er schreit durch seine Kunst auf und hält die Realität durch die hyperrealen Zeichnungen wie ein Foto fest.
Betrachter wird automatisch getroffen und etwas in ihm ausgelöst, unkontrolliert, ob er will oder nicht, er ist dem ausgesetzt. Ob Hass, Trauer, Tränen, Wut, Angst, Ärger.
Keine kaschierte, sondern in Hyperrealität (manchmal auch surreal) dargestellte Realität, Dinge die passieren, und vor denen wir die Augen nicht verschließen sollten, die Gefühle in uns auslösen, die uns vielleicht dazu bringen etwas zu ändern.
Es ist der Spiegel für die Gesellschaft, keine Antwort aber eine Frage.
Alle Rechte der Bilder gehören Gottfried Helnwein
